Glücklich schenken

So erfüllst du Wünsche - und wirst selber glücklich dabei

Weihnachten ist der Himmel, Weihnachtsgeschenke sind die Hölle. Warum können Geschenke nicht wieder mehr Spaß machen? Das hat sich Kollegin Inga gefragt. Und ein paar Ideen aufgeschrieben, wie aus Geschenken wieder mehr Liebe und weniger Stress rauszuholen ist.

Glücklich schenken
Schenken bedeutet purer Stress für dich? Mit diesen Ideen könnte sich das ändern. Foto: iStockphoto
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Ich habe eine gespaltene Weihnachts-Persönlichkeit. Meine eine Hälfte hört ab November Weihnachts-Kitsch-Playlists. Diese Hälfte von mir dekoriert die Wohnung auf Hochtouren Instagram-tauglich und backt so viele Plätzchen, dass selbst meine große Familie sie nicht aufessen kann. Meine andere Hälfte kriegt zu viel, wenn sie im September die ersten Listen für Weihnachts-Geschenke anlegt. Wer? Was? Wie viel Geld? Wo kaufen? Wann?  Und gleichzeitig die ersten Anfragen eintrudeln: Was wünscht du dir eigentlich? Och ne, nicht das auch noch bitte ...

Ich hasse Weihnachten. Ich liebe Weihnachten. Und ich weiß auch woran es liegt.

Warum stressen diese Geschenke eigentlich so?

Mein Stressfaktor an Weihnachten sind die Geschenke. Weil ich nicht gerne gebe und nehme? Nein. Das absolute Gegenteil trifft zu. Ich suche wahnsinnig gerne nach passenden Geschenken, die wirklich glücklich machen. Mich machen selber sogar die Geschenke froh, über die andere eher schmunzeln würden. Es gibt nichts Schöneres als Schenken und beschenkt werden. Aber eben nicht so, wie das an Weihnachten läuft. Mir ist wichtig, dass Geschenke von Herzen kommen – und nicht irgendwelchen unausgesprochenen Regeln folgen. Mir ist wichtig, dass der Heiligabend nicht zur Materialschlacht wird. Mich macht sowieso am glücklichsten, dass ich an den Feiertagen alle Menschen in meiner Nähe habe, die mir wichtig sind.

Glücklich schenken – ein paar hilfreiche Ideen

Die folgenden Gedanken haben zumindest mir geholfen, wieder mit mehr Spaß, Glück und Liebe zu schenken. Und Weihnachten entspannt zu erleben, ohne die Sorge, jemanden durch ein falsches oder kein Geschenk zu enttäuschen.

Idee 1: Anderen geht es ganz genau so!

Der erste Lösungsschritt ist ganz, ganz einfach: Er liegt in der Erkenntnis, dass der Geschenke-Terror vor Weihnachten WIRKLICH. JEDEN. STRESST. Na gut, es mag Ausnahmen geben. Aber für den Großteil aller Menschen, die ich kenne gilt: „Weihnachten könnte so schön sein – ohne Geschenke“. Die Erkenntnis, mit einer Aufgabe oder Problem nicht alleine zu sein, ist sowieso schon mal gut fürs Seelenheil. Weil man zum Beispiel wirklich keine Angst davor haben muss, als einzige zu versagen. Oder Erwartungen nicht zu erfüllen. Zu viel oder zu wenig Geld auszugeben für die beste Freundin. Das geht allen anderen nämlich ganz genauso. Das schon mal zu bemerken, entspannt. Und führt zu einem ganz praktischen Lösungsweg:

Idee 2: Keinen ungeschriebenen Regeln folgen

Ach, diese vielen ungeschriebenen Regeln in der Schenkerei, die sich ganz sicher nicht der Weihnachtsmann oder das Christkind und erst recht nicht Jesus ausgedacht haben …

Regel 1, sehr beliebt: Geschenk besorgen, weil man sich einfach schon immer was schenkt, Beispiel Geschwister.

Regel 2: Orga-Stess, weil man damit rechnet, sonst plötzlich ein Geschenk von jemandem zu bekommen, für den man selber keines hat, Beispiel Freundin.

Regel 3, noch so ein Klassiker: Extraviel Mühe oder Geld in ein Geschenk stecken, weil man ahnt, dass der andere einen sonst mit einem sensationellen Spitzengeschenk übertrumpft.
Hier hilft: reden, ansprechen, aussprechen, wie so oft in Beziehungen zwischen Menschen.

So habe ich beispielsweise durch schnödes Fragen festgestellt, dass meine Schwestern genau so sinnlos finden wie ich, dass wir uns zu Weihnachten beschenken. Wir wohnen in verschiedenen Städten, sehen uns nur ein paar Mal im Jahr. Deshalb ist unser Treffen an Weihnachten Geschenk genug. Und damit das Alibi-Geschenk gestrichen. Wer Angst hat, plötzlich als einziger ohne Geschenk dazustehen: Auch diese Frage lässt sich ganz einfach im Vorfeld besprechen: Schenken wir uns dieses Jahr was? Gegen das Syndrom des „Überschenkt-Fühlens“ hilft Reden über Regeln auch: Eine Freundin von mir macht zum Beispiel jedes Jahr mit ihrem Partner ein Geschenke-Motto aus und einen Maximal-Preis fest. Da können sich beide immer noch kreativ austoben und den anderen überraschen – aber hinterher fühlt sich keiner schlecht.

Zugegeben, ich habe selber 35-37 Lebensjahre gebraucht, um dieses Reden in die Tat umzusetzen. Weil ansprechen manchmal gar nicht so leicht ist, weil man die Menschen, die einem nahe stehen und wichtig sind, nicht verletzen mag. Nach meiner Erfahrung passiert aber genau das Gegenteil: Der andere ist genau so dankbar für eine ordentliche Absprache wie man selbst. Denn siehe Idee 1 – jeder freut sich über weniger Geschenke-Stress.

Idee 3: Aufwand dosieren

Trotzdem  ist es nicht realistisch, dass man mithilfe dieser Absprachen alle Stress-Geschenke stoppen kann. Es bleiben Fälle wie die nette Nachbarin, die einem  Plätzchen vor die Tür legt, die Physiotherapeutin, bei der man gerade in Behandlung ist, oder Verwandte, bei denen man schon im Vorfeld weiß „Klären klappt niemals!“  Irgendwie möchte oder muss man schon was schenken – und wieder stehen drei bis 20 Geschenke mehr auf der Liste. Dafür habe ich eine Lösung gebaut, die keinem weh tut. Ich habe einfach beschlossen, dass es mir bei vielen Geschenken gar nicht auf die Einzigartigkeit ankommt, sondern auf die Geste der Aufmerksamkeit und Zuwendung. Warum das hilft? Weil man sich nicht mehr so viele verschiedene Ideen aus den Rippen leiern muss.

Wenn ich zum Beispiel eine sehr hübsch eingepackte Seife finde, bekommen diese Kleinigkeit einfach gleich alle, die sich gegenseitig nicht kennen. Zu diesem dosierten Schenken gehört durchaus, den eigenen Anspruch loszulassen. Wer beispielhaft auf Selbstgemachtes unbedingt Selbstgemachtes zurückschenken will, hat einen Stress-Faktor mehr am Bein. Ich bezweifele generell, dass Beschenkte Geschenke übel nehmen. Weil sich die allerallermeisten Menschen über ein Geschenk freuen, egal, was es ist. Und wenn sie es nicht tun frage ich mich: Warum schenke ich dann überhaupt was?

Idee 4 - Für Fortgeschrittene: Geschenke „kommen lassen“

Bei dieser Geschenke-Technik bin ich selber noch im Trainingslager. Wenn es klappt, klappt es aber famos! Ich versuche, Geschenke gar nicht vor Weihnachten zu kaufen. Zumindest nicht alle. Wenn ich im Sommer eine hübsche Tasse auf dem Flohmarkt sehe, bei der ich an meine Freundin denken muss, kaufe ich sie. Im Voraus für Geburtstag oder Weihnachten. Dann habe ich ganz sicher das Passende, garniert mit dem schönen Zusatz „Ich habe im Sommer an dich gedacht.“

Besonders gut geht dieser zeitversetzte Geschenkekauf übrigens im Urlaub, wahrscheinlich weil man eh entspannter ist. Gewürze aus Marrakesch, ein hübsches Tuch aus Italien … Ich hamstere die Mitbringsel einfach bis Weihnachten, statt sie sofort zu überreichen. Diese Technik ist deshalb für Fortgeschrittene, weil man erstmal lernen muss, die Geschenke „kommen zu lassen“, statt sie zu suchen. Dafür braucht man das ganze Jahr einen etwas anderen Blick auf die Dinge, die einem begegnen.  Dafür sind Effekt und Dosis wesentlich gesünder. Mir tut das gut. Und auch in punkto Geldausgeben ist es gar nicht so schlecht, den Einkauf von passenden Geschenken über das Jahr zu verteilen.

Idee 5: Nicht nach Wünschen fragen – Wünsche erfüllen

Die schlechte Nachricht– hier braucht ihr wirklich eine Liste. Die gute Nachricht: Ihr könnt euch phänomenal sicher sein, dass ihr zu Weihnachten Wünsche erfüllt. Der Trick: Ich habe mir angewöhnt, das ganze Jahr über einfach unsortiert aufzuschreiben, was meine Liebsten im Gespräch an Wünschen oder Vorlieben erwähnen. Meine Ideen-Liste. Kommt nämlich gar nicht so selten vor, dass Menschen sowas sagen wie „Ach, ich hätte so gerne / ich würde so gerne/ ich mag so gerne …“  Und dann gibt es ja auch noch die Menschen, die sogar von selber vor Weihnachten konkrete Wünsche äußern. Das kommt alles auf die Liste. Meistens steht da so viel, dass ich eher die Qual der Wahl habe: Welches Geschenk freut denn jetzt am meisten? Diese Idee spart sehr, sehr viel Zeit.

Text: Inga Leister